Was ist eine Angststörung? Symptome und konkrete Hilfe für Betroffene
Angst ist ein völlig normales Gefühl. Sie schützt uns in gefährlichen Situationen, indem sie den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Herzschlag und Atmung beschleunigen sich, wir werden aufmerksamer und wägen unsere Handlungsmöglichkeiten ab. Dieses Gefühl kann überlebenswichtig sein: Es hilft uns, schneller zu reagieren, wenn tatsächlich Gefahr droht.
Doch Angst kann auch aus dem Gleichgewicht geraten. Dann spricht man von einer Angststörung.

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Normale Angst vs. Angststörung
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Normale Angst wird durch einen klaren Stressor ausgelöst, etwa eine Prüfung oder eine gefährliche Situation. Sie ist zeitlich begrenzt und nimmt ab, sobald die Situation vorbei ist oder wir lernen, mit ihr umzugehen – zum Beispiel durch bewusstes Atmen oder Entspannung.
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Angststörungen treten dagegen übermässig häufig und intensiv auf, auch ohne konkreten Auslöser. Betroffene können über Wochen oder Monate in einem dauerhaften Angstzustand leben. Typisch ist, dass sie Situationen meiden, die Angst auslösen könnten – im Extremfall bis hin zur sozialen Isolation.
Arten von Angststörungen
Phobien
Phobien sind Ängste, die sich auf klar erkennbare Auslöser beziehen. Betroffene wissen meist, wovor sie Angst haben, können die Reaktion aber nicht kontrollieren.
Beispiele: Angst vor Spinnen (Arachnophobie), Höhenangst, Angst vor dem Fliegen, Prüfungsangst oder soziale Phobie – also die Angst, im Mittelpunkt zu stehen oder negativ bewertet zu werden.
Generalisierte Angststörung (GAS)
Die generalisierte Angststörung zeigt sich durch dauerhafte und übermässige Sorgen, die sich nicht auf eine konkrete Situation beschränken. Die Gedanken kreisen ständig um mögliche Gefahren oder Probleme, auch wenn kein Anlass besteht. Die genauen Ursachen sind zwar unklar, doch oft tritt sie in Verbindung mit Alkoholabhängigkeit, schweren Depressionen oder Panikstörungen auf.
Beispiele: Ständige Angst um die Gesundheit von Angehörigen, Sorgen um finanzielle Sicherheit, Grübeln über Alltägliches wie familiäre Pflichten oder Hausarbeit.
Panikstörung
Eine Panikstörung ist gekennzeichnet durch plötzlich auftretende Panikattacken, bzw. bereits durch die Angst vor Panikattacken. Diese kommen ohne klaren Auslöser und gehen oft mit intensiven körperlichen Symptomen einher, die sich bedrohlich anfühlen. Viele Betroffene fürchten, einen Herzinfarkt zu haben oder zu ersticken.
Beispiel: Eine Person erlebt in der Bahn oder im Supermarkt eine Panikattacke, ohne dass ein konkreter Grund erkennbar ist. In der Folge vermeiden Betroffene solche Orte, um erneute Attacken zu verhindern.
Diagnose und Behandlung durch Fachpersonen
Ob eine Angststörung vorliegt, können nur Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen klären. Bei der Abklärung werden Dauer, Schwere und Auswirkungen im Alltag geprüft sowie körperliche Ursachen ausgeschlossen. Auch wird berücksichtigt, ob Angststörungen in der Familie gehäuft auftreten oder ob andere Erkrankungen wie Depressionen oder Schlafstörungen die Ursache sind.
Was hilft? Behandlungsmöglichkeiten
Psychotherapie (erste Wahl):
Gesprächstherapien, vor allem solche, die mit praktischen Übungen verbunden sind, haben sich bei Angststörungen als besonders wirksam erwiesen. Dabei lernen Betroffene, ihre Gedanken und Reaktionen besser zu verstehen und mit angstauslösenden Situationen Schritt für Schritt umzugehen. Diese Therapieformen können einzeln, in Gruppen oder auch online stattfinden.
Medikamente:
Die Verschreibung von Medikamenten, die das seelische Gleichgewicht stabilisieren können, ist ebenfalls möglich. Benzodiazepine werden wegen Abhängigkeitsrisiko und geringem Langzeitnutzen nicht als Dauertherapie empfohlen. Welche Behandlung sinnvoll ist, sollte stets individuell mit einer Fachperson entschieden werden.
Selbsthilfe & Alltagstipps:
Auch der eigene Lebensstil kann einen grossen Unterschied machen. Hilfreich sind regelmässige Bewegung, ein stabiler Schlafrhythmus, weniger Alkohol und Koffein sowie Atem- oder Entspannungsübungen. Achtsamkeitstraining oder Yoga können zusätzlich unterstützen. Diese Massnahmen ersetzen keine Therapie, können sie aber wirkungsvoll ergänzen.
Empfehlung der Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression:
Medikamente werden vor allem dann empfohlen, wenn die Angst sehr stark ausgeprägt ist und eine Psychotherapie allein nicht ausreicht oder nicht möglich ist. Sie sollen immer Teil eines Gesamtplans sein, der auch Gespräche, Aufklärung und psychotherapeutische Elemente umfasst.
Behandlungspläne werden individuell erstellt – abhängig von Schweregrad, Begleiterkrankungen und bisherigen Erfahrungen. Oft ist eine längerfristige Behandlung nötig: In der Regel mindestens 6–12 Monate, bei Panikstörungen auch bis zu 2 Jahre. Wichtig ist ein langsames Ausschleichen der Medikamente, wenn sich die Angsstörung bessert.
Am häufigsten kommen Antidepressiva zum Einsatz, da sie nicht abhängig machen und eine nachgewiesene angstlösende Wirkung haben. Ihre Wirkung setzt allerdings erst nach einigen Wochen ein.
Ansprechpartner in der Schweiz
Wer unter anhaltender Angst leidet, sollte nicht zögern, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dafür gibt es verschiedene Anlaufstellen:
Erste Schritte & Beratung bei einer Angststörung
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Hausärztin/Hausarzt – zentrale Anlaufstelle für die Abklärung, Ausschluss körperlicher Ursachen und Zuweisung zu Fachstellen.
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Pro Mente Sana: psychosoziale und rechtliche Beratung, Tel.: 0848 800 858.
Therapeut:innen finden
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Psyfinder (FSP): Psychologische Psychotherapie und Beratung nach Postleitzahl und Spezialisierung suchen.
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Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP): Ärztliche Psychotherapeut:innen landesweit finden.
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SGKJPP: Fachärzt:innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie, inkl. Verfügbarkeitsanzeige.
Krisen & niedrigschwellige Hilfe
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Die Dargebotene Hand 143: rund um die Uhr erreichbar, Tel. 143, auch per Chat und E-Mail.
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Pro Juventute 147: speziell für Kinder und Jugendliche, 24/7, Tel. 147, Chat oder WhatsApp.
Selbsthilfe & Austausch
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Selbsthilfe Schweiz: Selbsthilfegruppen zu Angst und Panik in der ganzen Schweiz.
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Angst- und Panikhilfe Schweiz (APHS): Hotline 0848 801 109 und Selbsthilfeangebote, insbesondere im Kanton Zürich.